Eines ist klar: die Digitalisierung kommt nicht. Sie ist schon längst da! Davon bleibt auch die Wirtschaftsprüfung nicht verschont. Die Digitalisierung und ihr Einfluss auf die Wirtschaftsprüfung wurden in den beiden Vorträgen «Kognitive und prädikative Analysen in der Wirtschaftsprüfung» von Prafull Sharma (Partner KPMG) und «Data Analyitics in der Wirtschaftsprüfung» von Dr. Christian Westermann (Partner PwC) im Rahmen der Ringvorlesung zur Digitalisierung an der Universität Zürich intensiv thematisiert und erörtert.
Drei wichtige neue Technologietrends sind die digitale Plattform (Blockchain, Internet of Things, Quanten-Computer), künstliche Intelligenz (KI, wie z.B. Machine Learning, Smart Dust, selbstfahrende Fahrzeuge) und immersive Erfahrungen (4D-Druck, Human Augmentation, virtuelle Realität). Dabei treiben die immersiven Erfahrungen die KI voran, die durch digitale Plattformen ermöglicht wird. Jede dieser Technologien ist vielversprechend genug, um in den nächsten fünf bis zehn Jahren einen hohen Grad an Wettbewerbsvorteil zu ermöglichen. Daher sehen sich Unternehmen aller Branchen gezwungen, ihre Geschäftsmodelle grundlegend zu überdenken. Dabei ist die Automatisierung (Robotik, kognitive und prädikative Analysen, KI etc.) der Schlüsselfaktor für die Steigerung der Effizienz, welche verschiedene Bereiche der Unternehmung betreffen kann. Insbesondere im Finanzbereich bietet es sich an, durch Robotic Process Automation (RPA) repetitive und standardisierte Aufgaben zu eliminieren.
Ebenso wie die Finanzfunktionen in einem Unternehmen wird auch die Wirtschaftsprüfung stark von der Digitalisierung beeinflusst. Der hauptsächliche Nutzen von Datenanalysen wird in einer erhöhten Effektivität der Prüfung liegen, während ein Effizienzgewinn zumindest zu Beginn nicht im Vordergrund steht. Die gesteigerte Prüfungssicherheit wird – so die Erwartung der Referenten – auch das Vertrauen in die Wirtschaftsprüfung erhöhen.
Datenanalysen werden in allen Phasen einer Prüfung wie folgt zur Anwendung kommen:
- Risikobeurteilung
- Zielgerichtetere Identifikation und Beurteilung von Risiken
- Zeitnahe Wiederholung der Risikobeurteilung, auch unterjährig nach Bedarf
- Prüfungsplanung
- Festlegen von Key Risk Indicators zur Gewichtung der festgestellten Risiken
- Risikoattribut-Stichproben
- Prüfungsdurchführung
- Datengestützte Tests über mehrere Einheiten
- 100% Abdeckung angestrebt (Fokus stärker auf Ausreisser)
- Prozess-/Kontrollvalidierung (End-to-End-Tests)
- Identifizierung von Fehlerursachen
- Berichterstattung
- Ergänzung der Berichterstattung durch dynamische Visualisierungen
- Einsatz von Dashboard mit Feststellungen und Kennzahlen
Daten können während der gesamten Prüfung verwertet werden, auf Stufe der Prozesse, Kontrollen, Transaktionen und Master-Daten. Der Einsatz von Datenanalysen führt zu einem erkennbaren Mehrwert. So gewinnt die Verwendung von KI (insbesondere Machine Learning) als Teil der Prüfung zunehmend an Bedeutung, beispielsweise in der Anomalie-Erkennung. Die ersten Hürden dabei bleiben jedoch die Datenextraktion und –transformation. Insbesondere bei standardisierten Systemen kann sich der Einsatz von integrierten Modulen lohnen.
Schliesslich bringen Datenanalysen auch einige Herausforderungen mit sich: die Prüfungsstandards sind immer noch auf stichprobenbasierte Abschlussprüfungen ausgerichtet, Risiken von neuen Technologien, länderspezifische Compliance-Anforderungen, die Fähigkeit zur Umstellung der Prüfungsprozesse und hohe Investitionskosten gilt es diesbezüglich zu bedenken.